Schwanger werden nach einer Fehlgeburt – Die Geschichte meiner Regenbogenkinder

04.02.2024 | Kinderwunsch | 0 Kommentare

Fehlgeburt - und dann? Wie es sich anfühlt, nach einer Fehlgeburt wieder schwanger zu werden. Meine Geschichte von Kinderwunsch, Sternenkindern und Regenbogenkindern.

In meinem letzten Artikel habe ich über meine fünf Sternenkinder geschrieben und über die Wucht der unterdrückten Trauer. Darüber, wie übernommene Glaubenssätze aus dem Familiensystem und der Kontakt zu unserem Inneren unseren Kinderwunsch beeinflussen. 

Heute möchte ich über meine Schwangerschaften nach den Fehlgeburten schreiben und darüber, wie es ist, Mutter zu werden, wenn man schon einmal ein Kind verloren hat.

Meine erste Schwangerschaft – unbeschwerte Vorfreude

Ich habe den Vergleich, denn bei meiner ersten Tochter, die ich mit gerade mal Anfang 20 bekommen habe, hatte ich diese Erfahrung noch nicht. Auch wenn wir jung waren und viele äußere Umstände dagegen sprachen, ein Kind zu bekommen, waren wir auf eine Art und Weise glücklich und unbeschwert, die ich später nie wieder erlebt habe. Natürlich ging ich zu allen Vorsorgeuntersuchungen, nahm meine Vitamine, aß kein rohes Fleisch und schleppte meinen späteren Mann sogar in einen Geburtsvorbereitungskurs. Da saßen wir dann also – selbst noch halbe Kinder – zwischen lauter gut situierten Mittdreißigern, wickelten eine Puppe und atmeten in unseren Beckenboden.

Allzu ernst nahmen wir das Ganze nicht. Ich schaute völlig unbeschwert mit meiner Riesenkugel gemeinsam mit Kommiliton:innen die Fußball-EM. Quetschte mich mitten im Weihnachtstrubel in den überfüllten Bus, weil ich unbedingt ein paar Umstandsklamotten aus der Stadt brauchte. Online-Shopping war noch nicht, und per Katalog gab‘s nur die teuren Marken. Selbst als ich mich während unseres Umzugs völlig verausgabte und mein Körper mit vorzeitigen Wehen reagierte, blieb ich ziemlich gelassen. Zu Recht, am Ende kam die Kleine kerngesund drei Tage vor dem errechneten Termin. Als sich dann abzeichnete, dass es bald so weit ist, gingen mein Mann und ich noch ganz entspannt essen.

In der Kliniktasche war für alle Fälle eine Schachtel Zigaretten. Ich hatte die ganze Schwangerschaft nicht geraucht. Auch (fast) die ganze Stillzeit war ich brav. Aber nach der Geburt musste ich erst einmal eine rauchen. Für den Fall, dass jetzt hier ein Aufschrei kommt: Wir schrieben das Jahr 2004. In der Uni wurde noch in den Fluren geraucht, in Restaurants sowieso und manche Ärzte empfahlen rauchenden Schwangeren, auf ein paar Zigaretten täglich zu reduzieren. Wir galten schon fast als übervorsichtig, weil ich in der Schwangerschaft gar nicht rauchte und auch in unserer Wohnung striktes Rauchverbot herrschte. 

Kinderwunsch und Fehlgeburten – der Weg zu meinen Regenbogenkindern

Zehn Jahre und zwei Fehlgeburten später war nicht nur die Welt um uns herum eine andere. Ich war – obwohl mit Anfang 30 beim zweiten Kind immer noch verhältnismäßig jung – automatisch Risikoschwangere. Und privatversichert. Also bekam ich das volle Programm. Ständige Ultraschalluntersuchungen, über deren Nutzen oder möglichen Schaden man auch diskutieren könnte. Aber das fange ich hier nicht an. In meiner ersten Schwangerschaft rannte ich zwischen Uni, Nebenjob und Freizeitaktivitäten hin und her. Jetzt saß ich mit Beschäftigungsverbot zu Hause. Sicher war das gut, um mich zu schonen. Aber die Angst machte es nicht kleiner. Jede hochgezogene Braue eines Arztes, jede Frage wie „Hat noch jemand in ihrer Familie so einen schmalen Kopf?“, jedes Unwohlsein knipste das Kopfkino an. Was mir in dieser Zeit sehr geholfen hat, war das wunderbare Buch „Damit mein Baby bleibt“.*

Dennoch – die Angst blieb und ließ sich auch nicht durch zusätzliche Untersuchungen und Vorsichtsmaßnahmen wegzaubern. Mal ganz abgesehen davon, dass die ganze Maschinerie das Wichtigste übersah bzw. sogar noch falsch behandelte: dass ich eine bis dahin nicht diagnostizierte schwere Blutungsneigung habe. Das erfuhr ich auch dann noch nicht, als nach der Geburt festgestellt wurde, dass es in der Schwangerschaft zwischen meinem Sohn und mir eine Autoimmunreaktion gegeben haben musste, die sein Immunsystem platt gemacht hat. Zum Glück ist diese Geschichte gut ausgegangen.

Aber der Rest kam nur scheibchenweise ans Licht – bis zu einer sehr heftigen Fehlgeburt drei Jahre später. Trotz der dann richtigen medizinischen Behandlung sollten noch zwei weitere Fehlgeburten folgen. Und dann war ich mitten in der Corona-Krise wieder schwanger. Zum ersten Mal musste ich mich so wirklich rechtfertigen. Klar, beim ersten Kind war ich vielen zu jung. Beim zweiten hat nicht jede:r verstanden, dass wir nochmal von vorne anfangen, obwohl die Große schon aus dem Gröbsten raus ist. Aber beim dritten ging’s richtig los. 

Wie? Jetzt nochmal? Mitten in der Corona-Krise? Nach der Krankheitsgeschichte mit eurem Sohn? Selbst nicht gesund? Und dann fast 40? Und als Pränataldiagnostik nur der große Ultraschall? Was ist, wenn er auch eine Blutungsneigung hat?

Ja, hat er, aber dank des gesunden Gens von meinem Mann nur ganz leicht. Menschen mit einer genetischen Disposition zu anderen Krankheiten sind deutlich mehr beeinträchtigt. Deshalb hätten wir auch, selbst wenn wir es gewollt hätten, niemals eine Präimplantationsdiagnostik durchbekommen. Ja, ich war fast 40, aber medikamentös gut eingestellt und so fit wie nie in meinem Leben zuvor.

Und ich war zu diesem Zeitpunkt den Weg in mein Inneres so weit gegangen, dass ich darin nicht nur mein Urvertrauen bis zu einem gewissen Grad wiedergefunden, sondern auch herausgefunden hatte, dass dieser tiefe Wunsch nach einem weiteren Kind wirklich aus meinem tiefsten Inneren kommt und nicht, um irgendwelchen Vorstellungen im Außen zu entsprechen.

Der Kinderwunsch ist eines der stärksten Gefühle, die eine Frau (und vielleicht auch mancher Mann) haben kann. Niemand, wirklich niemand, der nicht selbst erlebt hat, welche Lücke ein Sternenkind hinterlässt, kann diesen Wunsch nach einem lebenden Kind verstehen. Auch und gerade, wenn man schon Kinder hat, wenn man weiß, wie es ist, so ein kleines Wunder im Arm zu halten, kann der Wunsch danach riesengroß werden.

Dabei ist die Vorstellung falsch, das Regenbogenkind könnte das gegangene Kind ersetzen. Ich glaube auch, dass die meisten Mütter in so einer Situation das nicht wollen. Den Schmerz über die Fehl- oder Totgeburt nimmt es nicht, wenn man danach noch ein Kind bekommt. Meine fünf Sterne sind nicht nur auf meinen Arm tätowiert, sie sind auch für immer in meinem Herzen.

Was aber führt dazu, dass manche Frauen nach einer Fehlgeburt den Weg weiter gehen und es vielleicht trotz weiterer Rückschläge immer wieder versuchen, andere dagegen das Risiko einer weiteren Enttäuschung nicht eingehen oder aus anderen Gründen den Wunsch nach einem (weiteren) Kind irgendwann aufgeben – vielleicht weil es die Partnerschaft zu sehr belastet oder sie sich irgendwann zu alt fühlen? Denn natürlich bleibt die Angst einer erneuten Fehlgeburt immer im Hinterkopf.

Schwangerschaft nach Fehlgeburt – sollte man es erneut versuchen?

Grob zusammengefasst gut es zwei Möglichkeiten, mit der unfassbar großen Trauer, ein Kind zu verlieren umzugehen: Entweder, du verdrängst sie bzw. schiebst sie weg. Oder du lässt zu, dass sie dich in deinem Innersten berührt. Das ist ein sehr schmerzhafter Prozess. Es kann gut sein, dass dir auf diesem Weg nicht nur die aktuelle Trauer begegnet, sondern auch deine eigenen Schatten.

Diese können z. B. in deiner Kindheit entstanden oder aus deinem Familiensystem übernommen sein. Für manche kann der Umgang mit dieser Trauer und auch mit dem, was sie da in ihrem Inneren finden, so überwältigend sein, dass sie wieder den Rückzug antreten, in die Verdrängung gehen und sich möglicherweise auch entscheiden, das Risiko einer Fehlgeburt nicht ein weiteres Mal einzugehen.

Das ist ein vollkommen normaler Prozess und sollte genauso wenig von außen bewertet werden wie die Entscheidung, es weiter zu versuchen. Schwierig wird es nur dann, wenn die verdrängten Gefühle gar kein Ventil mehr finden. Dann kann es tatsächlich sein, dass sich vielleicht in Kombination mit einer entsprechenden Veranlagung eine psychische Erkrankung entwickelt. Grundsätzlich finde ich, dass gerade in den sozialen Medien Begriffe wie Depression, Angststörung oder Trauma recht inflationär gebraucht werden.

Das mag einerseits zu einem größeren Bewusstsein für diese Erkrankungen beitragen. Andererseits wird das, was da geschrieben wird, dem Leid der Menschen, die tatsächlich daran erkrankt sind, nicht gerecht. Die Diagnostik und Behandlung gehört hier in die Hände von Fachleuten. Selbsttests, Selbsthilfe und auch Coaching sind dann nicht mehr die richtigen Methoden. 

Aber nicht jede:r, der oder die ein bisschen Zeit und Raum braucht, um die Trauer über einen bisher nicht erfüllten Wunsch nach einem (weiteren) Kind oder über Fehlgeburt(en) zu verarbeiten, entwickelt gleich eine behandlungsbedürftige Erkrankung. Trotzdem sollte gesehen werden, welchen herausfordernden inneren Prozess Paare, die den Weg zum „Wunsch“kind weitergehen, oft durchlaufen.

Den Versuch noch einmal zu wagen, erfordert unfassbaren Mut und Vertrauen in das Leben. Denn dein Vertrauen wird nicht nur während der Schwangerschaft immer und immer wieder auf die Probe gestellt werden. Eine erneute Schwangerschaft kann eine große Herausforderung sein.

Wie es sich anfühlt, ein Regenbogenkind zu haben

Ein Regenbogenkind zu haben wird immer anders sein als ein Kind großzuziehen, das nach einer unbeschwerten Schwangerschaft geboren wurde.

Die Angst, dieses zarte Wesen wieder zu verlieren, kann dich noch eine ganze Weile begleiten. Viele Mütter vertrauen nach einer Fehlgeburt auch nicht mehr ihrer Intuition so wie vorher. Vielleicht hat ein Teil von dir gespürt, dass mit dem Baby etwas nicht stimmte. Möglicherweise hast du es – gerade in einem frühen Stadium der Schwangerschaft – auch gar nicht mitbekommen. Das kann im Kontakt mit deinen lebenden Kindern, vor allem mit deinem Regenbogenkind, dazu führen, dass du dich weniger auf dein Bauchgefühl verlässt. Dass du deinem Kind später oder erst einmal gar nicht Dinge zutraust, die bei einem Kind, das kein Regenbogenkind ist, selbstverständlich wären.

Unserer älteren Tochter habe ich immer mehr zugetraut und oft auch mehr Freiraum zugestanden als unseren Regenbogenjungs. Vielleicht habe ich sie damit umgekehrt sogar manchmal überfordert. Gleichzeitig hatte ich das Gefühl, dass die Bindung zwischen uns viel selbstverständlicher und leichter war. Diese Bindung trotz der eigenen Angst und negativer Kommentare von außen zu entwickeln, ist vielleicht die größte Herausforderung mit einem Regenbogenkind.

Sich trotz des erlebten Schmerzes ganz zu öffnen, verletzlich und fehlbar zu machen – und einfach auch mal die Elternschaft zu genießen.

Leider habe ich auch hier die Erfahrung gemacht, dass das Umfeld nicht immer hilfreich ist. Insbesondere andere Mütter, ganz besonders solche, die nie die Erfahrung gemacht haben, ein Kind zu verlieren, habe ich manchmal als einmischend bis hin zu übergriffig erlebt. Leider leben wir in einer Gesellschaft, in der Erziehung fast zum Politikum geworden ist. Schnell werden Mütter (und natürlich auch Väter) mit Begriffen wie Helikoptereltern, Curling- Eltern (das sind die, die ihren Kindern alle Schwierigkeiten aus dem Weg fegen) oder alternativ als U-Boot-Eltern (die, die sich gar nicht interessieren und nur auftauchen, wenn das Kind Probleme macht) betitelt.

Jedes noch so selbstverständliche Alltagsthema wie Essen oder Schlafen, für das Familien schon immer ihre ganz eigene Lösung finden mussten, wird von außen beleuchtet und bewertet. Wenn du ein Regenbogenkind hast, ist diese Bewertung von außen noch einmal schmerzhafter. Vermutlich reagierst du nicht immer perfekt, das macht im Übrigen kein Elternteil. Vielleicht denkt dein Kopf, das Kind müsste so langsam mal in seinem eigenen Bett schlafen, aber es ist halt so schön, dieses kleine Wesen im Familienbett zu haben. Was soll’s?

Die einzigen Menschen, die damit klarkommen müssen, sind dein:e Partner:in, euer Kind und du. Eventuell noch Geschwisterkinder, die dann auch einen Platz im Bett beanspruchen. Sonst wirklich niemand. Nicht die Schwiegermutter. Nicht die Nachbarin. Und auch nicht all die anderen selbsternannten Erziehungsexpert:innen. Um hier innerlich stark und klar zu sein, hilft es im Übrigen, sich Anregungen bei den Leuten zu holen, die wirklich wissen, wovon sie reden, z. B. in diesen beiden Büchern:

artgerecht durch den Familienalltag: … weil das echte Leben auch echte Lösungen braucht! – Antworten auf die häufigsten Elternfragen*

und

Respekt, Vertrauen & Liebe: Was Kinder von uns brauchen*

Für alle, die gerade noch in dem Entscheidungsprozess stecken, ob sie ihren Kinderwunsch weiter verfolgen sollen, ist vielleicht mein neuer Kinderwunsch-Kurs etwas. Wenn du dir auf diesem Weg Unterstützung wünschst, lade ich dich herzlich zu einem kostenlosen Erstgespräch ein.


Jana Lex - Coaching für Raum und Seele, Systemische Beratung und Feng Shui

Über die Autorin

Ich bin Jana Lex, Sonderpädagogin, Lehrerin, Dozentin, ausgebildete systemische Beraterin (DGsP) und Feng Shui Expertin, Ehefrau und 3-fach-Mama.

Mit meinen Coaching-Angeboten möchte ich Räume öffnen – im wörtlichen und im übertragenen Sinn. Dafür habe ich meine einzigartige Methode entwickelt:


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