Wie du mit Fehlgeburten und / oder unerfülltem Kinderwunsch umgehen kannst

29.12.2023 | Kinderwunsch | 1 Kommentar

Ungewollt kinderlos: Meine Erfahrungen für den Umgang mit der Trauer bei unerfülltem Kinderwunsch und Fehlgeburt.

Immer wieder werde ich danach gefragt, was die Tätowierung auf meinem Arm bedeutet. Meine älteste Tochter hat sie entworfen. Die obere Zeile besteht aus den drei Namen meiner lebenden Kinder, ineinander und mit drei Herzen verschlungen. In der unteren Zeile sind fünf Sterne zu sehen. Diese stehen für meine fünf Sternenkinder.

Als ich mit Anfang zwanzig meine erste Fehlgeburt hatte, brach für mich nicht nur eine, sondern meine gesamte Welt zusammen. Ich hatte nie damit gerechnet, dass mir so etwas passieren könnte. Damals war das Thema in der Öffentlichkeit schlicht und ergreifend nicht vorhanden. Es gab keine nennenswerten sozialen Medien und auch keine Influencerinnen, die weinend kurz nach der Fehlgeburt den ersten Post über den Äther schicken. Die Wucht meines Schmerzes traf mich vollkommen unvorbereitet. Ich hätte nur noch schreien und weinen können. Ich konnte nicht glauben, dass dieser kleine Mensch, dessen Herz ich noch eine Woche zuvor auf dem Ultraschall habe schlagen sehen, einfach nicht mehr da sein sollte.

Leider war mein Umfeld genauso wenig darauf gefasst wie ich. Die Frauenärztin konnte mit meinem Leid überhaupt nicht umgehen und faselte irgendetwas von biologischer Auslese. Mein Mann und unsere älteste Tochter hatten mich noch nie so erlebt. Ich bin nicht der Typ, der seine Gefühle so leicht zeigt. Aber das hat mich vollkommen überflutet. Ich weinte und weinte. Bis zu dem Moment, als die Schwester, die mich für die OP vorbereitete, mich anschnauzte, ich hätte kein Recht so zu heulen, nebenan würde eine Vierzigjährige liegen, die noch kein gesundes Kind zu Hause habe. Ich sei noch so jung, ich könnte noch viele Kinder bekommen.

Viele, viele Jahre, vier weitere Fehlgeburten, aber auch noch zwei glücklich ausgegangene Schwangerschaften später, habe ich erst verstanden, was in diesem Moment mit mir passiert ist:

Ich habe mir selbst untersagt, zu trauern.

Jeder hat das Recht zu trauern

Ich war der Meinung, ich hätte kein Recht dazu. Ich sei undankbar dem Glück gegenüber, das ich schon hatte. Ich wäre selbst schuld an meiner Situation, weil mein Körper es nicht geschafft hatte, dieses kleine Wesen optimal zu versorgen. Vielleicht hatte ich zu lange für meine Prüfungen gelernt, anstatt mich zu schonen? Ein paar Tassen Kaffee zu viel getrunken? Zu sehr daran gezweifelt, dass ich mein Studium auch mit zwei Kindern fertig bekommen würde?

Heute weiß ich: Es gibt keine Maßeinheit für Trauer, keine Bewertungszahl für seelischen Schmerz.

Jede Frau, deren Kinderwunsch sich (in diesem Moment) nicht erfüllt, erlebt die Situation ganz individuell. Es ist vollkommen unerheblich, ob dich dieser Schmerz beim ersten, zweiten oder fünften Kind trifft. Auch Frauen, die ungeplant schwanger waren, können genauso traurig sein, wenn sie dieses Kind wieder verlieren. Und nicht zuletzt Frauen, die sich für eine Abtreibung entscheiden, weil das Kind zum Beispiel eine schwere Behinderung hat oder weil ihre eigene Lebenssituation gerade so schwierig ist, trauern mitunter nicht weniger als Frauen, die aus anderen Gründen ein Kind verlieren.

Jede von uns hat ihren ganz eigenen Plan vom Leben, den kein:e Außenstehende:r beurteilen kann und sollte.

Kinderwunsch – nicht alles ist planbar

Mit Plan meine ich an dieser Stelle nicht nur der Teil unseres Lebens, den unser bewusster Verstand wahrnehmen und steuern kann. Ohne Zweifel ist dieser Teil nicht unerheblich an Lebensentscheidungen beteiligt. Ich wusste zum Beispiel schon mit 16, dass ich eine große Familie wollte. Mit 19 habe ich mein erstes Vision-Board erstellt, bei dem eine Familie zu haben ganz klar im Vordergrund stand. Mit dieser Priorität habe ich mich entschieden, Lehramt und nicht Medizin zu studieren. Mit dieser inneren Klarheit waren potenzielle Partner, die nur ihren Spaß im Sinn hatten, für mich uninteressant.

Ich hatte auch nicht das Gefühl, irgendetwas zu verpassen, weil ich mit 22 schon ein Kind hatte und verheiratet war. Partys, Reisen etc. waren einfach nicht mein Ding. Mich beruflich verwirklichen und genug Geld verdienen wollte ich auf alle Fälle, aber es war in Ordnung für mich, mir damit etwas mehr Zeit zu lassen. Wenn meine Wünsche und Ziele in diesem Alter andere gewesen wären, hätte mein Leben sicher anders ausgesehen.

So weit, so planbar. Mein Plan war damals nämlich, mit dreißig drei Kinder und einen Doktortitel zu haben und dann so richtig in den Beruf einzusteigen, wenn die Zwerge aus dem Gröbsten raus sind.

Was ist aus diesem Plan geworden? Drei Kinder sind mir tatsächlich am Ende geschenkt worden, aber der Weg dahin war schwerer und steiniger, als ich es mir jemals hätte denken können. Die Doktorarbeit habe ich nicht fertig geschrieben, aber sie war irgendwann auch nicht mehr wichtig. Dafür habe ich zahlreiche Zusatzausbildungen gemacht, von vielen spannenden Menschen gelernt und habe als Lehrerin und mit meinem Unternehmen zwei berufliche Standbeine, die sich gegenseitig ergänzen und bereichern.

Doch lange habe ich damit gehadert, dass mein ursprünglicher Plan nicht aufgegangen ist. So wie du vielleicht diesen Artikel liest, weil du mitten in dem Prozess steckst, durch den ich auch durch musste. Weil du eine Fehlgeburt erlebt hast oder dein Kinderwunsch sich bislang aus anderen Gründen noch nicht erfüllt hat. 

Da ich weiß, wie unfassbar schmerzhaft und hoffnungslos sich das anfühlen kann, wie unverstanden von aller Welt man sich mitunter fühlt, möchte ich dir Folgendes weitergeben:

Es gibt nicht nur den Plan vom Leben, den unser Verstand uns vorgibt.

Unter dem, was wir bewusst wahrnehmen, liegen mindestens noch zwei weitere Schichten, die unser Handeln und Erleben und allzu oft auch unser Schicksal maßgeblich beeinflussen: unser Eingebundensein in unser Umfeld und die seelische Ebene.

Unser psychosoziales Umfeld – Fluch und Segen zugleich

Eingebunden in unsere Umgebung sind wir als Menschen auf vielfältige Art und Weise. Da gibt es unsere Herkunftsfamilie mit ihrem Schicksal – und auf das Thema dieses Artikels bezogen – ihrem individuellen Umgang mit Themen wie Partnerschaft, Elternschaft, Trauer etc. Dann gründen wir mit unserer Partnerin / unserem Partner ein neues System. Gleichzeitig sind wir im Freundeskreis und in der Arbeit Teil von sozialen Systemen. 

Wenn es um (unerfüllten) Kinderwunsch geht, können diese Systeme Fluch und Segen zugleich sein.

Die negativen Folgen unseres Eingebundenseins bekommen wir vor allem dann zu spüren, wenn wir das Gefühl haben, dass etwas unbewusst unser Handeln, Fühlen und unsere Entscheidungen beeinflusst. Etwas, das wir nicht mit unserem bewussten Verstand steuern können und das mitunter unseren Wünschen und Zielen entgegensteht. Dazu ist es hilfreich zu wissen, dass die Gehirnregion, in der unser Verstand und unser sogenannter freier Wille angesiedelt sind, sich menschheitsgeschichtlich relativ spät entwickelt hat.

Die älteren Bereiche des Gehirns sind dadurch nicht einfach verschwunden, sondern haben immer noch maßgeblichen Einfluss auf unsere Gefühle und unser Verhalten. Und darin sind nicht nur unsere individuellen Erlebnisse abgespeichert, sondern auch die Erfahrungen früherer Generationen. Der Mensch hätte vermutlich in einer ihm eigentlich überlegenen Natur auch nicht überlebt, wenn er nicht das Wissen seiner Vorfahren bis zu einem gewissen Grad in die Wiege gelegt bekommen hätte. Leider bedeutet das im Umkehrschluss auch, dass wir die Glaubenssätze und Traumata unserer Ahnen häufig auch dann übernehmen, wenn sie uns im Hier und Jetzt eher schaden.

Jahrhunderte-, wenn nicht jahrtausendelang war Elternschaft und insbesondere Mutterschaft nicht automatisch mit der Freude und dem Glück verbunden, die wir heute dabei empfinden dürfen. Für Frauen war das Kinderkriegen bis vor nicht allzu langer Zeit (und in vielen Ländern der Welt ist es das immer noch) eine lebensgefährliche Angelegenheit. Darüber hinaus bedeutete schwanger zu werden häufig, einen Partner zu heiraten und von ihm abhängig zu sein, den man vielleicht gar nicht geliebt hat. Auch nach der Geburt ging das Martyrium weiter. Viele Frauen und Kinder starben noch im Wochenbett. Noch mehr Kinder überlebten das Kleinkindalter nicht. Und wenn sie es doch bis ins Erwachsenenalter schafften, starben viele Mädchen später selbst bei Geburten oder durch gewalttätige Männer. Jungen zogen in den Krieg und kamen oft nicht zurück.

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Ungewollt kinderlos: Meine Erfahrungen für den Umgang mit der Trauer bei unerfülltem Kinderwunsch und Fehlgeburt.

Mutterschaft war also den größten Teil unserer Geschichte hinweg mit einer schier unfassbaren Leidensfähigkeit verbunden – und ist es in den weniger gut versorgten Teilen der Welt immer noch. Als soziale Wesen haben wir Menschen diese kollektive Erfahrung abgespeichert. Dazu kommen die individuellen Erlebnisse und daraus resultierenden Glaubenssätze unserer direkten Vorfahr:innen.

Wenn beispielsweise deine Mutter, deine Großmutter und deine Urgroßmutter die Erfahrung gemacht haben, dass Mutterschaft für sie bedeutete, von einem Mann vollkommen abhängig zu sein und ihren Beruf nicht mehr ausüben zu können, dann kann es sein, dass dieser Glaubenssatz deinen Kinderwunsch auf einer unbewussten Ebene behindert. Wir diskutieren heute (vollkommen zu Recht) über die gerechte Verteilung von Mental Load und Care Arbeit, aber unsere Mütter und Großmütter brauchten noch die schriftliche Erlaubnis ihrer Ehemänner, um einen Arbeitsvertrag zu unterschreiben oder ein Konto zu eröffnen.

Glücklicherweise sind wir diesen Einflüssen auf unsere Lebenswünsche heute nicht hilflos ausgeliefert. Mit Hilfe von systemisch-lösungsorientierten Methoden können wir diese aus dem Familiensystem übernommenen Muster oft aufdecken und lösen und somit wieder handlungsfähig werden.

Unter unserem bewussten Verstand und der aus unserem Herkunftssystem beeinflussten Ebene, die wir mit systemischen Methoden sichtbar machen können, liegt allerdings noch eine unbewusstere, tiefere Schicht.

Trauerbewältigung: Verbinde dich mit deinem Inneren

Im Umgang mit (unerfülltem) Kinderwunsch und/oder Fehlgeburten ist es hilfreich herauszufinden, welchen Einfluss dein ganz individuelles Innenleben (man könnte auch sagen, deine Seele) auf diesen Prozess hat und wie dein Innerstes wiederum wechselseitig beeinflusst wird, wenn du auf diesem Weg mit Schmerz und Trauer umgehen musst.

Hast du schon einmal die Erfahrung gemacht, dass du tief aus dir heraus wusstest, welcher Weg der Richtige für dich ist, obwohl rationale Gründe dagegensprachen? Manche nennen das Bauchgefühl, andere Intuition, mitunter werden auch Begriffe wie Bestimmung oder Berufung damit gleichgesetzt. Was es auch sein mag, ob wir irgendeine religiöse Erklärung dafür finden oder nicht – viele Menschen kennen die Erfahrung, dass manchmal etwas mühelos gelingt und andere Dinge im Leben einfach nicht umsetzbar sind, wie sehr man sich auch abstrampelt.

Meine Erfahrung ist die, dass Herzenswünsche im Leben sich oft dann erfüllen, wenn es wirklich Herzenswünsche sind, wenn der Drang danach aus dem tiefsten Inneren entsteht und nicht aus von anderen übernommenen Erwartungen oder dem Glauben, etwas Bestimmtes erreichen zu müssen. Bei mir war es zum Beispiel die Doktorarbeit, die ich angefangen habe, weil ich das Gefühl hatte, dass das von mir erwartet wird. Fast jede:r, der oder die mir in meiner eigenen schulischen und wissenschaftlichen Laufbahn begegnet war, hatte mir geraten, weiter den Weg in die Wissenschaft zu gehen. Eine Zeit lang habe ich dann auch an der Universität als Dozentin gearbeitet und war fest davon überzeugt, dass das meine beste berufliche Laufbahn sein würde. Gleichzeitig hat mich aber auch irgendetwas darin blockiert, diesen Weg weiterzugehen.

Heute weiß ich, dass mein Innerstes nicht damit einverstanden war, meine kognitiven Fähigkeiten immer weiterzuentwickeln und mich damit immer mehr von meinen Gefühlen und meiner Intuition zu entfernen. Diese Erkenntnis konnte ich allerdings erst zulassen, als mein Verstand mitten im Schmerz über meinen damals noch nicht voll erfüllten Kinderwunsch an seine Grenzen geriet. Auf der kognitiven Ebene konnte ich das Problem nicht lösen. Medizinisch gesehen waren alle hinderlichen Themen behandelt. Ich passte wie viele Frauen mit Kinderwunschthemen auch nicht in ein Raster, das mit klassischen Methoden der Psychotherapie behandelbar gewesen wäre.

Trauer ist nicht das gleiche wie eine Depression. Die existenzielle Angst um die schon lebenden Kinder, die einen beschleicht, wenn man nicht mal diesen kleinen Menschen im eigenen Bauch beschützen kann, ist nicht das Gleiche wie eine Angststörung. Ich hatte damals das unfassbare Glück, zum richtigen Zeitpunkt auf die Menschen zu treffen, die mir geholfen haben, die Tür zu meinem Inneren wieder ein Stück zu öffnen. Heute empfinde ich eine tiefe Dankbarkeit darüber, dass ich diese Hilfe hatte und dass meine Geschichte gut ausgegangen ist. Deshalb und aus der Tatsache heraus, dass das Thema unerfüllter Kinderwunsch durch meine eigene Erfahrung zu meinem Herzensthema geworden ist, habe ich folgendes Angebot für dich, wenn du da gerade mittendrin steckst: 

Für Frauen, die ein Kinderwunschthema und/oder eine oder mehrere Fehlgeburten erlebt haben, biete ich an einigen Tagen im Monat die Möglichkeit eines kostenlosen ersten Coachings. Schreib mir über mein Kontaktformular eine kurze Nachricht, was gerade dein Thema ist und ich gebe dir Bescheid, wann hierfür Termine frei sind.


Jana Lex - Coaching für Raum und Seele, Systemische Beratung und Feng Shui

Über die Autorin

Ich bin Jana Lex, Sonderpädagogin, Lehrerin, Dozentin, ausgebildete systemische Beraterin (DGsP) und Feng Shui Expertin, Ehefrau und 3-fach-Mama.

Mit meinen Coaching-Angeboten möchte ich Räume öffnen – im wörtlichen und im übertragenen Sinn. Dafür habe ich meine einzigartige Methode entwickelt:

Die Verbindung von systemischem Coaching und Feng Shui.


1 Kommentar

  1. Dein Blog ist ein wahrer Schatzkasten des Wissens! Die Tiefe deiner Recherche und die kohärente Präsentation der Informationen setzen ihn von anderen ab. Es ist erfrischend, wie du komplexe Themen mit Leichtigkeit vermittelst.

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